Y. Leimgruber: In pädagogischer Mission

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Titel
In pädagogischer Mission. Die Pädagogin Rosette Niederer- Kasthofer (1779–1857) und ihr Wirken für ein «frauengerechtes» Leben in Familie und Gesellschaft


Autor(en)
Leimgruber, Yvonne
Erschienen
Bad Heilbrunn 2006: Julius Klinkhardt Verlag
Anzahl Seiten
337 S.
Preis
€ 36,00
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Franziska Rogger

Die Leichtigkeit des Seins war der bedeutendsten pädagogischen Mitarbeiterin Pestalozzis, Rosette Niederer-Kasthofer (1779–1857), nicht beschieden. In Yvonne Leimgrubers Studie zu diesem Frauenleben und -wirken kommen Worte wie Begeisterung und Glück kaum vor, umso mehr Ausdrücke wie Leid, Schmerz, Enttäuschung, Scheitern, Unzufriedenheit und Belastung. Bedrückend war das Verhältnis der Eltern Kasthofer, schwer litt Rosette an ihrer unglücklichen Liebe, problematisch war die Beziehung zu ihrem kurzfristig und überraschend geheirateten Ehemann. Psychisch schwer erschütterte sie der totale Bruch mit ihrem Mentor und Übervater Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827). Dieser berühmte Pädagoge hatte ihr 1809 die Leitung des Mädcheninstituts in Yverdon übertragen und 1813 das Institut geschenkt. Damit war Rosette Niederer-Kasthofer – wie sie es sich wünschte – eine für ihre Zeit selten unabhängige, ökonomisch eigenständige und freie Frau. In ihrer pädagogischen Tätigkeit, die sie «zur Seligkeit führen» sollte, verschrieb sich die kinderlose Rosette Niederer-Kasthofer der Selbstkontrolle, der Aufopferung und Pflichterfüllung für «fremdes Wohl»: «Ich muss mich selbst ganz vergessen, um meiner Bestimmung zu leben. Sie ist’s, die mich erhebt und mir das Leben heilig macht.» Niederer-Kasthofer, die als erste Schweizerin zu weiblicher Erziehung und Bildung publizierte, war zeitlebens in gestrenger pädagogischer Mission unterwegs. Sie bot den Mädchen eine ungewohnt hoch stehende allgemeine Bildung und eine institutionell verankerte Berufsbildung zur Lehrerin. Vielfältig aber waren die Schwierigkeiten ihrer Mädchenschule, die sie nach dem Niedergang nach Genf verlegte. Auch nach dem Tod ihres Mannes und der Übergabe ihres Instituts an Jüngere konnte sie sich keines späten Glücks mit dem ehemals geliebten Freund und keines ruhigen Lebens erfreuen. Sie nahm sich der «zum Erdrücken angehäuften Papiere» ihres Gatten und ihres Mentors Pestalozzi an.

Bei Yvonne Leimgrubers Studie handelt es sich um eine Dissertation mit all den Vor- und Nachteilen dieses Genres. Mit zusammenfassenden Fazits, der erklärenden Einbettung in den bildungspolitischen und gesellschaftlichen Zusammenhang sowie in die breiten Netzwerke und die Publizistik Niederer-Kasthofers gibt sie eine gute Würdigung des Wirkens Rosette Niederer-Kasthofers «für ein frauengerechtes Leben in Familie und Gesellschaft». Eine thesenförmige Wertung und Einordnung dieser Pestalozzianerin hat Leimgruber bereits in der «Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde», Heft 4-2005, S. 59/60 publiziert.

Zitierweise:
Franziska Rogger: Rezension zu: Leimgruber, Yvonne: In pädagogischer Mission. Die Pädagogin Rosette Niederer- Kasthofer (1779–1857) und ihr Wirken für ein «frauengerechtes» Leben in Familie und Gesellschaft, Bad Heilbrunn, Klinkhardt, 2006 (Studien zur historischsystematischen Erziehungswissenschaft), 337 S. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 68, Nr. 3, Bern 2006, S. 173f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 68, Nr. 3, Bern 2006, S. 173f.

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